Es ist soweit...

Nun da Goldie verkauft war, konnte es endlich losgehen. Unser erster Stopp war Rockingham, dessen riesiges Einkaufzentrum irgendwie nicht ganz in das Bild des kleinen Vorortes passte. Praktisch für die Frau, gab es gegenüberliegend ein sogenanntes "Husband Day Care Centrum". Dort konnte Frau ihren Mann abgeben und in aller Ruhe dem Shoppingwahn verfallen, während er mit alkoholischen Getränken, Essen und allerhand Spielzeug wie Flipper, Billard, Sportfernsehn etc. bei Laune gehalten wurde. Eine klasse Idee wie wir beide befanden. Neben den Getränken musste man allerdings auch das Essen bezahlen, welches der Liebste in ihrer mehrstündigen Abwesenheit, aus Angst nicht mehr abgeholt zu werden in sich hineinfraß. 

Addiert mit Jans Appetit würde das in einer finanziellen Katastrophe enden und so beschlossen wir, uns auf dem riesigen Foodcurt des Einkaufszentrums nach einer alternativen "Belohnung" umzuschauen. Dieser ließ fast keine Wünsche offen und so wurde auch Jans Hunger an einem Buffet mit chinesischen Köstlichkeiten gestillt, an dem er sich soviel nehmen zu durfte wie auf den Teller passte. Das ganze kostete nur 6,50$, wobei man den Blicken der Restaurantbesitzer entnehmen konnte, dass sie nicht damit gerechnet hätten, dass sich jemand den Teller derart hoch beladen könnte, dass es schon an Ingenieurskunst glich. Pappsatt schlenderten wir anschließend etwas durch die Stadt und stießen auf einen kleinen Flohmarkt welchen man durch eine "Goldcoin-Donation" (also ein oder zwei Dollar) betreten konnte. Das schien allerdings niemanden wirklich zu interessieren, denn alle liefen ohne Wegezoll an dem aufgestellten Spendenbrunnen vorbei. Da wir keine Münze zur Hand hatten, machten wir es den Australiern gleich. Wir stöberten uns durch die Stände und stellten fest dass Flohmärkte in Down Under eher einer bunten Mischung aus allem glichen. Neben den typischen Flohmarktständen gab es viele Handarbeitsstände, Stände mit Pflanzen, Hausfrauen die ihr selbstgemachtes Gebäck verkauften, Imbissbuden und einen Alleinunterhalter der sich querbeet durch alle Generes sang. 

Das hatte Charm und animierte zum verweilen. Auch wir konnten ein Schnäppchen in Form eines Vogelbestimmungsbuches für zwei Dollar machen. Den nächsten Tag verbrachten wir auf Penguin Island., die wie der Name schon verrät Pinguine beherbergt. Neben diesen ist die Insel ein Rückzugsgebiet für abertausende Sturmvögel, welche dort ihren Nachwuchs aufziehen. Alles war übersät mit Nestern weshalb man sich, bis auf einzelne kleine Strandabschnitte, auf einem angelegten Steg über die Insel bewegte. Uns zog es zuerst an einen kleinen ruhigen Strandabschnitt mit zerklüfteten Felsvorsprüngen und Höhlen, welche wir uns gerne etwas näher anschauen wollten. Da Jan einen Sturmvogel vor der Linse hatte, lief ich etwas voraus und schlenderte durch die sanfte Brandung auf die Felsvorsprünge zu. Ich genoss die Aussicht, knipste hier und da ein Foto - SCHOCK! Direkt vor meinen Füßen lag ein Seebär und döste in der Sonne. Er war riesig und hatte zahlreiche Blessuren vergangener Revierkämpfe. Zwischen den ganzen Felsen war er so gut an die Umgebung angepasst, dass ich um ein Haar über ihn gestolpert wäre. Zum Glück ließ er sich nicht weiter stören, blinzelte nur kurz auf und setzte sein Mittagsschläfchen fort. 

Jan kam lachend angelaufen. Er hatte den Seebär schon von weitem gesehen und sich gewundert warum ich nicht ausweiche. Da sich die Kolonie eigentlich auf einer benachbarten Insel befand, die nur mit einer Tour für $80 /Person zu erreichen war, hatte ich nicht damit gerechnet hier einen anzutreffen. Wir konnten den schläfrigen Genossen noch eine Weile beobachten, bis ihm der Trubel der immer mehr werdenden Touristen dann doch zuviel wurde. Er richtete sich gähnend auf, robbte gemächlich ins Wasser und schwamm zu einem der nahegelegenen Felsvorsprünge. Schwerfällig kroch er an Land, schüttelte sich das Wasser aus dem Fell und wankte unter Missachtung aller Warnschilder, in eine kleine Höhle unter den Felsen. 

Dort wälzte er sich schnaubend im Sand und machte es sich frisch paniert in einer Mulde gemütlich, wo er Sekunden später, grunzend wieder in den Tiefschlaf verfiel. Wir dankten dem Zufall für dieses kostenlose Naherlebnis und machten uns auf, die Insel weiter zu erkunden. Etliche Sturmvögel mit frisch gefangenem Fisch im Schnabel, flogen auf der Suche nach ihrem Jungen, laut rufend über unsere Kopfe hinweg. Wir hatten sogar das Glück einen kurzen Blick auf eines der fluffigen Federbällchen zu erhaschen, bevor wir von den aufgebrachten Eltern vertrieben wurden. Natürlich haben wir auch die kleinen putzigen Namensgeber der Insel entdeckt, die sich zwischen Felsen, Büschen oder unter den Treppenstufen des Steges versteckten. Sie befanden sich gerade in der Mauser und sahen teilweise ziemlich zerzaust aus. Von einem Parkranger erfuhren wir, dass sie während der Mauser kein Futter zu sich nahmen und um Energie zu sparen, die meiste Zeit schlafend verbrachten. Da wir uns zu Jans Erleichterung nicht im Federwechsel befanden, aßen wir auf einem Picknickplatz zu Mittag. Dort liefen viele kleine Buschhünchen geschäftig umher, um den Platz nach Essenskrümeln abzusuchen. 

Danach fassten wir den Entschluss, es dem Seebären gleich zu tun und faulzenten eine Runde am Strand. Wir kühlten uns im Meer ab und legten uns anschließend unter eines der aufgestellten, hölzernen Sonnenschutzdächer, durch dessen Schlitze wir neugierig von Sturmvögeln beobachtet wurden. Mit tollen Bildern im Gepäck, ging es dann am späten Nachmittag wieder zurück zum Festland. Jeden Morgen versammelten sich an der Strandpromende zahlreiche Kakadus. Unüberhörbar tollten sie am Strand herum und stellten allerhand Schabernack an. Sie gruben mit ihren Schnäbeln im Sand, schlugen Purzelbäume, foppten sich gegenseitig oder knabberten an vergessenen Utensilien gestriger Strandbesucher herum. Einer hatte zum Beispiel einen FlipFlop in Bearbeitung den er genüsslich in alle Einzelteile zerlegte, ein Anderer eine kaputte Kinderangel mit der er freudig herumspielte. Er warf sie in die Luft, fing sie dort auf und rollte sich mit ihr einmal über den Rücken, um anschließend den Spaß gleich nochmals zu wiederholen. Wir amüsierten uns herrlich über die witzigen Kerlchen. Auf der Promenade stand ein Brunnen mit einer riesigen Marmorkugel die sich im Wasser drehte. Selbstverständlich wurde auch dieser als Abenteuerspielplatz genutzt und ausgiebig auf Herz und Nieren geprüft.

 Einige Möwen begutachteten skeptisch das Geschehen und versuchten, ohne von einem der Frechdachse in die Federn gezwickt zu werden, am Brunnen einen Schnabel voll Wasser zu erhaschen. Wir verbrachten den halben Morgen bei den Kakadus. Gerade als wir aufbrechen wollten, knallte etwas unter lautem Geschepper neben uns auf die Mauer. Wir konnten uns vor Lachen nicht mehr halten. Es war die Kinderangel, die einer der Clowns aus der Luft abgeworfen hatte. Der Blick der perplexen Möwe neben der das Objekt aufschlug, war einfach zu köstlich. Unsere Fahrt ging weiter nach Mandurah. Auf der Suche nach einem Picknickplatz landeten wir in einem Stadtteil, der etwas an Venedig erinnerte. Überall waren kleine Wasserstraßen, Brücken und Bänke zum verweilen. Ein wunderschönes Fleckchen zum wohnen, wenn man über genügend Kleingeld verfügte. Wir kamen uns ziemlich fehl am Platz vor als wir mit Bruce durch die Straßen knatterten. Wir ließen es uns dennoch nicht nehmen in dieser exklusiven Gegend unsere spärlich belegten Brötchen zu verspeisen. Anschließend ging es weiter zum Len Howard Naturreservoir welches wir, nach dem Auftragen einer halben Flasche Mückenspray, in Angriff nahmen. 

Es lag direkt an einem Meeresarm und beherbergte zahlreiche Tier- und Vogelarten. Wie beispielsweise die wunderschönen, kleinen Blue Wrens die rastlos jeden Ast nach Insekten absuchten, Schlangenhalsvögel welche ihr nasses Federkleid in der Sonne trockneten, Fischadler die langsam segelnd nach Beute Ausschau hielten, oder abschreckend aussehende „Totenkopfspinnen“, die in ihren schlichten Netzen geduldig auf ihr Abendessen warteten. Wir blieben bis nach Sonnenuntergang und erschreckten uns auf dem Rückweg zum Auto noch tierisch über ein aus dem Gebüsch springendes Känguru. Auf der Rückfahrt fiel uns ein umzäuntes, ziemlich verwildertes Grundstück auf das zum Verkauf stand.

Zwischen den Bäumen stand ein zerfallenes Gebäude das sich bei genauerem Hinsehen als Miniaturschloss entpuppte. Das Loch im Zaun war einfach zu verlockend, um am nächsten Tag nicht einen näheren Blick zu riskieren. Obwohl es schon ziemlich heruntergekommen und teilweise mit Grafitti verschmiert war, hatte es immer noch einen gewissen Märchencharme um sich. Alles war Stein für Stein aufgebaut und jedes noch so kleine Detail wurde liebevoll ausgearbeitet. Irgendjemand hatte sich hier vor langer Zeit einmal viel Mühe gemacht es aufzubauen. Nachdem wir alles ausgiebig inspiziert hatten, ging es weiter nach Bunbury. Offiziell die zweitgrößten Stadt Western Australias, glich aber mit nur knapp 64.000 Tausend Einwohnern eher einem kleinen Vorort. Wie war das noch gleich mit Fremantle? ;) Im dortigen Hafen gab es ein Dolphin Recovery Center, dessen Strandabschnitt fast jeden morgen zwischen 8:00 und 11:00Uhr von wilden Delfinen besucht wird. Natürlich nicht ohne Grund, denn das Center hat vom Staat die Erlaubnis eine begrenzte Menge an Fisch zu verfüttern. „Get in touch with the dolphins“, warb die Infobroschüre und versprach ein unvergessliches Naherlebnis mit den Tümmlern. 

Man konnte sich zu ihnen ins Wasser stellen und der Fütterung beiwohnen. Da wir Delfine bisher nur aus der Entfernung gesehen hatten, ergriffen wir die Chance und statteten dem Center einen Besuch ab. Wir waren schon eine halbe Stunde vor Eröffnung da, doch ein Haufen Chinesen war schneller und belagerte bereits den Eingang. Sie kicherten und knipsten jetzt schon wie wild umher, so dass wir beschlossen noch ein wenig am nahegelegenen Badestrand entlang zu schlendern um die dortige Ruhe zu genießen. Als wir eine Weile umher spazierten, sahen wir plötzlich farbige Bojen im Wasser schwimmen und stellten fest, dass wir uns direkt am besagten Standabschnitt des Dolphin Centers befanden. Ein Steg führte herunter zum Strand an dem einige Mitarbeiter saßen und mit Ferngläsern die Hafenpassage beobachteten.

„They`re coming“ riefen die diese den Besuchern zu und alle stürmten über den Steg hinunter zum Wasser. Da es nun zu spät war den offiziellen Weg zu nehmen, stürmten wir dreist mit und reihten uns zwischen den anderen auf. In der Infobroschüre stand dass man maximal knietief im Wasser stehe und deshalb waren alle erst einmal etwas irritiert, als ein Mitarbeiter uns bis zu den Bojen vorscheuchte, denn dort ging einem das Wasser bereits bis zum Bauchnabel. Einige blieben zurück, doch der Gedanke gleich auf Tuchfühlung mit einem Delfin zu gehen, ließ uns vergessen dass wir eigentlich mit kompletter Kleidung im Wasser standen. Jan zog es dann doch vor vom Strand aus zu fotografieren, was sich später noch als weise Entscheidung herausstellen sollte. Im Takt der Wellen hüpfend, wartete der Rest gespannt auf die Ankunft von Flipper. Leider war das Wasser, anders als in der Hochglanzbroschüre, aufgewühlt und trüb, so dass man die Delfine nur sehen konnte wenn sie zum Luft holen kurz auftauchten. Die ankommenden Wellen machten das Festhalten für die Nachwelt zu einem Balanceakt mit integriertem Workout: Kamera ansetzten, Knipsen, Kamera über den Kopf halten - Kamera ansetzen, Knipsen, Kamera über den Kopf halten. Das klappte eigentlich auch einwandfrei bis die Chinesen nichts besseres wussten, als sich gegenseitig mit Wasser zu bespritzen.

Meerwasser auf meiner Kamera! Ich hätte sie am liebsten auf der Stelle ertränkt und an die Delfine verfüttert. Wenn ich gewusst hätte, dass aufgrund dessen meine geliebte Nikon in drei Monaten nicht mehr funktionieren würde, hätte ich sie zur Kasse gebeten. Nachdem mein Ärger sich gelegt und die Kamera wieder trocken war, statteten wir dem Center selbst noch einen kurzen Besuch ab. Es gab allerhand Grundwissen über Meeressäuger, ein paar Aquarien und einen kleinen Filmvorführraum. Das Erlebnis mit den Delfinen war zwar (abgesehen von den Chinesen) ganz nett, aber durch das trübe Wasser und die Hafenatmosphäre war es jetzt nichts, was wir unbedingt noch einmal wiederholen müssten.

Die nächsten Tage verbrachten wir in den umliegenden Parklandschaften und auch dem Strand statteten wir einige Besuche ab. Die See war sehr rau und es wehte ein eisiger Wind, weshalb wir uns mit Spaziergängen zufrieden gaben und die Aussicht genossen. In den umliegenden Parklandschaften tummelten sich viele rosa Kakadus. Unter lautem Geschrei wurden Sämereien geknabbert und herumgetollt. Man konnte sich ihnen allerdings nur mit sehr viel Geduld nähern, da sie Nachwuchs im Schlepptau hatten dem es galt allerhand Dinge zu lernen. So zum Beispiel auch das zeitige flüchten vor zwei Gestalten, mit klickenden Geräten in der Hand. Mit der Dämmerung machten wir uns auf den Weg zurück zu unserem Schlafplatz. Dieser lag in einem Hafengebiet am Rande der Stadt, der neben ein paar nächtlichen Fischern nur noch hungrige Möwen und Kormorane beherbergte. Da wir uns jeden Morgen zeitig mit dem ersten Sonnenlicht wieder aus dem Staub machten, verhinderten wir nicht nur ein mögliches Zusammentreffen mit einem Ranger, sondern kamen auch noch in den Genuss wundervoller Sonnenauf- und atemberaubender Monduntergänge. Viele fragen sich mittlerweile vieleicht, warum wir nicht auf einem gemütlichen Campingplatz mit allem Pipapo stehen. Der Grund dafür ist einfach, denn dadurch können wir uns jeden Tag eine Menge Geld ersparen und im Endeffekt länger von unseren Reserven zehren. Die Kosten für einen Stellplatz liegen in Australien im Durchschnitt zwischen $32 - $48 pro Nacht und so wäre man in kürzester Zeit einen großen Batzen des Ersparten wieder los. Meist greifen wir auf der Suche nach Geldbeutel schonenden Übernachtungsmöglichkeiten auf unsere Campbiebel, das "Camp 6" zurück. 

Es ist eine Art Straßenatlas in dem zahlreiche, kostenlose oder günstige Campspots, über ganz Australien verteilt, aufgelistet sind. In größeren Städten sind diese jedoch oft nicht zu finden, weshalb wir ab und an auf die eigentlich nicht erlaubte, aber oft geduldete Art, zurückgreifen müssen und uns in irgendwelchen Seitenstraßen oder Feldwegen "verstecken". Natürlich beinhaltet das auch sich stetig auf die Suche nach einer Dusche zu machen, da die wenigsten kostenlosen Plätze über eine solche verfügen, doch auch das ist meist kein Problem. An der Küste gibt es an fast jedem Standabschnitt welche und im Inland bieten zahlreiche Truckstops beziehungsweise Tankstellen kostenlose Duschen an. Und wenn nicht, dann gibt es immer noch den altbewährten Eimer oder einen Fluss - Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! 

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