Wenn die Post im Kühlschrank landet...

Noch eine letzte, kalte Dusche am Port Beach, den „Jungs“ Lebewohl gesagt und los ging es über Armandale und Narrogin zu unserem ersten Ziel, den Dryandra Woodlands. Die Landstraßen führten uns vorbei an kilometerlangen Rapsfeldern, welche sich wie ein riesiger, gelber Teppich über die Hügel und Täler hinwegzogen. In den Woodlands angekommen, unternahmen wir erst einmal einen kleinen, schon lange überfälligen Buschwalk. Der fünf Kilometer lange Pfad schlängelte sich durch einen, auf den ersten Blick sehr karg wirkenden, Eukalyptuswald. Abgesehen von einigen orange blühenden Büschen, konnte man bei genauerem Hinsehen, die zarten, lila Blüten etlicher, kleiner Winden entdecken, die sich überall durch das Buschwerk zogen. Der Wanderweg führte uns hoch auf einen kleinen Hügel, von dem man abermals das endlose, gelbe Blütenmeer der umliegenden Rapsfelder bestaunen konnte. 

Zurück beim Auto machten wir uns auf die Suche nach dem im Infoblatt beschriebenen Campingplatz, denn das Wildcampen in den Nationalparks Australiens ist so gut wie überall verboten.Im Regelfall gibt es dafür aber ausgewählte Spots, auf denen man kostenlos oder gegen eine kleine Gebühr, meist fünf bis sieben Dollar pro Person, übernachten kann.Eine tolle Sache also, wobei das Wort Campingplatz in den meisten Fällen etwas übertrieben ist. Überwiegend sind sie sehr schlicht und einfach gehalten, mit einer handvoll Stellplätzen, Picknickbänken, Feuerstellen und gelegentlich auch mit einem kostenlosen, elektrischen BBQ. Die sanitären Einrichtungen, wenn überhaupt vorhanden, sind meist auf primitive, naturfreundliche Plumpsklos reduziert. Ja, die gibt es hier tatsächlich noch und sind auch nicht jedermanns Sache.

So auch nicht die unsere, doch wer günstig reisen will, muss auf Luxus verzichten können, ob er nun will oder nicht. In allerhöchster (Atem)Not, gibt es immer noch die Möglichkeit, sich mit der Handschaufel bewaffnet der Gartenpflege zu widmen. Viele dieser Campspots sind ziemlich abgelegen und nur alle paar Tage kommt ein Ranger vorbei und schaut nach dem Rechten. Aufgrund dessen verfügen die meisten über eine sogenannte „Self-Registration-Box“. Das heißt, man nimmt sich einen der bereitgestellten Umschläge, füllt alle Angaben darauf aus, steckt den passenden Betrag rein und wirft es in eine Art Briefkasten. Den Durchschlag legt man gut ersichtlich in die Frontscheibe, so dass der Ranger überprüfen kann ob man auch artig bezahlt hat. Die eingenommenen Campinggebühren dienen der Instanthaltung der Plätze sowie der Erhaltung der Nationalparks. Allerdings  konnten wir hier weder Campspot noch die Anmeldestation ausfindig machen und aufgrund der Nebensaison war alles wie ausgestorben, weswegen sich niemand finden ließ, den man hätten fragen können. Nach kurzer Überlegung beschlossen wir, uns vorerst auf einen der Parkplätze für die Bushwalks zu stellen und beim einem gemütlichen Mittagessen abzuwarten, ob vielleicht doch noch jemand vorbei kommen würde. Der Park hatte nämlich einen ausgeschilderten Weg für eine Nachtwanderung, auf dem man mit etwas Glück die nächtliche Tierwelt zu Gesicht bekommen konnte und das wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Es kam aber niemand und so machten wir uns, mit Einbruch der Dunkelheit, bereit für unsere nächtliche Erkundungstour. Mit Stirn- und Handlampe bewaffnet, folgten wir den reflektierenden Wegweisern. Hören konnten wir viel, sehen leider nicht. 

Die Tierchen waren einfach zu flink, um erkennen zu können, um was es sich dabei handelte. Immer wieder raschelte etwas durch das trockene Laub davon oder huschte eilig in die Büsche. Die einzigen, die uns einen zweiten Blick gewähren ließen, waren die Kängurus, welche gemütlich auf den Grünflächen grasten. Diese scheinen nachts wohl blind und taub zu sein, denn wir sind einige Male förmlich über sie gestolpert, obwohl wir zeitweise nicht gerade auf leisen Sohlen durchs Unterholz gestapft sind. Auch einige Possums suchten den Boden nach essbarem ab, flüchteten aber flux auf den nächstbesten Baum, sobald sie unsere Schritte hörten. Von dort aus beobachteten sie dann seelenruhig die zwei Gestalten am Boden, die unermütlich versuchten Handlampe und Kamera zugleich in Position zu bringen, um ein gut ausgeleuchtetes Foto hinzubekommen. Das war allerdings auch schon alles, was wir vom Nachtleben der Woodlands mitbekommen haben. 

Dennoch war es ein spannender Nightwalk, besonders als Jan zum Schluss damit anfing, mir von den kriminellen Taten der Aboriginies vergangener Tage zu erzählen. Gruselgeschichten am Lagerfeuer... Nur ohne Feuer und alleine mitten im Wald - Danke auch! Ich hatte es plötzlich ziemlich eilig wieder zum Auto zu kommen und Jan fand es äußerst amüsant, wie bei jedem Geräusch wild mit der Taschenlampe umhergefuchtelt wurde. Am nächsten Morgen brachen wir früh auf in Richtung Mount Barker. Auf dem Weg dorthin passierten wir einige unwirklich aussehenden, pinken Salzseen und fuhren an einer Farm vorbei, die lauter lustige Pferdefiguren aus alten Metallfässern auf der Weide stehen hatte. Unser Ziel war der Stirling Ranges Nationalpark, ein Sandsteingebirge, etwa 90 Kilometer nördlich von Albany, das sich über eine Fläche von 65 Kilometer erstreckt. Für viele Nationalparks, wie auch für diesen, muss man eine Gebühr entrichten, um sie betreten zu dürfen. Entweder ist diese pro Tag zu begleichen oder aber man kauft sich einen Parkpass, der einem für drei Monate kostenlosen Eintritt in alle Nationalparks eines Bundesstaates gewährt. Das begleichen der Gebühr läuft in den meisten Fällen, wie bei den Campspots, über eine Selbstanmeldestation. Also Umschlag ausfüllen, Gebühr in die Box werfen und den Durchschlag in die Windschutzscheibe legen. Eigentlich wollten wir uns gleich den 3-Monats-Pass kaufen, doch der war scheinbar nur auf der Touristeninformation erhältlich und diese lag 40 Kilometer entfernt vom Park. 80 Kilometer hin und zurück? Wir beschlossen lieber einmalig den Tageseintritt von zwölf Dollar pro Tag für Auto samt Insassen zu berappen und uns den Pass anschließend auf der Weiterfahrt zu kaufen. Die Nacht verbrachten wir auf einem nahegelegen Rastplatz, um den morgigen Tag im Nationalpark voll ausnutzen zu können. Noch vor Sonnenaufgang fuhren wir los. Bereits aus der Ferne konnte man die Bergkette aus der sonst flachen Landschaft ragen sehen. Die aufsteigende Sonne ließ das Gebirge regelrecht aufleuchten und wir stiegen kurz aus, um den Moment zu genießen.

Man möge es glauben oder nicht - ganz ohne Kamera! Dabei stießen wir zwischen der ziemlich kargen Minibuschlandschaft auf unsere erste Wildorchidee. Dafür musste dann doch die Kamera her. Ohne diese auffällige Farbe, hätten wir sie glatt übersehen, denn sie war nur wenige Zentimeter hoch und gerade mal so groß wie ein fünfzig Cent Stück. Der erste Bote des Frühlings! Ja richtig gelesen, Frühling im September. Hier in Australien ticken nämlich nicht nur die Uhren anders, sondern auch die Jahreszeiten sind verdreht. So feiern die Australier jedes Jahr im Hochsommer Weihnachten, ohne sich mit dem Gedanken herumzuschlagen, ob es nun wohl schneien wird oder nicht. Aber zurück zum Frühling, dieser läutet hier nämlich die berühmte Wildblumensaison ein, in der die sonst triste Buschlandschaft mit zahlreichen, bunten Blüten übersät ist. 

Bevor wir uns aber auf Blumenexpedition begaben, galt es erst einmal unser Vorhaben, den höchsten Berg des Parks, den Bluff Knoll (1100m) zu besteigen, in die Tat umzusetzen. Am Fuße des Berges angekommen, informierte uns ein Schild über die Strecke und die benötigte Zeit um ihn zu bewältigen. Zweieinhalb bis drei Stunden hin und zurück, besagte die Angabe und der Weg war mit einem moderaten Auffstieg beschrieben. Easy, let`s go!!! Wir schnappten unsere Rucksäcke und stapften los. Die ersten Meter des Pfades waren noch geteert, wohl um sanft darauf vorzubereiten was einem noch bevorstand. Die folgenden Kilometer führten uns gemächlich nach oben, waren wirklich moderat und nicht all zu anstrengend. Doch dann dachten sich die Wegebauer wohl: Ach was solls, machen wir statt zwei normalen Stufen doch einfach eine große, dann sparen wir Material und die Besucher sich das Bootcamp. Also galt es von nun an riesige Steinstufen und Geröllhänge zu überwinden. Wir schnauften nicht schlecht! Die Sonne wurde mit jeder Minute wärmer und ließ uns Schritt für Schritt aus unseren Kleidungsschichten pellen, während wir uns fragten, welcher Scherzkeks das Schild erfunden hatte, auf dem neben dem „moderaten Aufstieg“ auch noch stand, dass man sich auf alle Fälle warm anziehen sollte. Auf halbem Wege kam uns ein Ehepaar entgegen, das sich bereits wieder auf dem Rückweg befand. Im Vorübergehen versprach es uns, dass sich der harte Aufstieg lohnen würde. Na, das wollen wir auch hoffen! Mit neuem Ansporn ging es weiter. Von Zeit zu Zeit kam ein Schild das einem darüber informierte wie weit es noch bis zur Spitze ist. Diese Schilder brachten uns zum verzweifeln. Besagten sie doch tatsächlich, dass wir nach einem gefühlten Kilometer hochgekraxel, gerade mal 200m überwunden hatten. Leider zeigten die Wegebauer hier keinen Humor, denn die Schilder hatten ihre Richtigkeit. Nachdem wir die Baumgrenze hinter uns gelassen hatten, ließ uns die abwechslungsreiche Vegetation und die atemberaubende Aussicht, den restlichen Aufstieg vergessen. Wir machten Halt an einer vorstehenden Klippe und wagten einen Blick über die Kante. 

Wow, der kleine Spielzeugcamper da unten auf dem Parkplatz ist tatsächlich unserer! Oben angekommen wurde man wahrhaftig für die Anstrengungen entlohnt. Da die Stirling Ranges die einzigen Berge im Umland sind,  konnte man kilometerweit in alle Richtungen sehen. Das Wort "atemberaubend" stand also nicht mehr alleinig für den Aufstieg. Die riesigen Felder waren nur noch als kleine, gelbe Farbtupfer am Rande der Gebirgskette zu erkennen. An der steilen Felswand flog akrobatisch ein Falke umher, während sich die riesigen Keilschwanzadler gemächlich in der Thermik, über unsere Köpfe hinweg in die Lüfte tragen ließen. Wir genossen den Ausblick bei einem kleinen Gipfelvesper mit Apfel und Müsliriegel und machten uns anschließend wieder an den Abstieg. Die Beine zeigten erste Ermüdungserscheinungen und schlackerten nicht schlecht als wir die Goliathstufen erneut überwinden mussten.

Mehr oder weniger heil unten angekommen, schauten wir auf die Uhr. Es war bereits kurz nach eins - von wegen zwei bis drei Stunden! Ganze fünfeinhalb Stunden haben wir gebraucht. Um unseren Füßen eine Pause zu gönnen, beschlossen wir im Anschluss einen Scenic Drive zu fahren. Als solcher werden Straßen bezeichnet, die durch eine landschaftlich schöne oder kulturell bedeutende Gegend verlaufen. Die Strecke führte entlang der restlichen Berge des Nationalparks, vor deren Kulisse vereinzelte Farmen lagen. Auch eine richtig malerische Windmühle konnte man sich laut Beschilderung ansehen. Allerdings stellte sich heraus, dass diese versteckt auf einem Privatgrundstück lag und man 17$ pro Person berappen müsste, um einen Blick darauf werfen zu können. So wichtig war uns die Mühle dann doch nicht - wir sind ja schließlich in Australien und nicht in Holland. Den Rückweg nach Mount Barker nahmen wir über eine kleine, unbefestigte Seitenstraße welche die Bezeichnung Wildflower (Wildblumen) Drive besaß. Diese haben wir zwar auch vereinzelt gesehen, jedoch wäre die Bezeichnung "Karnickel Drive" passender gewesen. Kaninchen sind in Australien zu einer waren Pest geworden und nun verstanden wir auch warum. Hunderte hoppelten dort umher und der Boden sah aus wie Schweizer Käse. Ein Loch nach dem anderen und eifrig wurde bereits am nächsten gebuddelt. Abartig, sowas hatten wir auch noch nie gesehen! Seltsamerweise blieben die Rapsfelder aber unangetastet... zumindest von den Kaninchen. Von dem satten Gelb beflügelt, hüpfte ich freudig darin herum. Das Resultat: eine gelb-gesprenkelte Hose und eine weniger erfreuliche Zecke an der Hüfte. Super Einfall!!! Die Kaninchen lachten sich ins Fäustchen... Nachdem wir den Blutsauger mit einer Pinzette "herausoperiert" hatten, desinfizierten wir die Stelle, ganz wie in den Western Filmen, mit Tamaras selbstgebrautem Bourbon. Unsere nächste Etappe war der Lake Muir, der für seine unglaubliche Vogelvielfalt bekannt sein sollte. Auf dem Weg dorthin überquerte eine sogennannte „Bluetongue“, zu deutsch Blauzungenechse, direkt vor uns die Straße. Wir hatten zuvor zwar schon einige gesehen, allerdings führten diese bereits ein sehr enges Verhältnis mit dem Straßenbelag und waren alles andere als fotogen. Hat man sie einmal in Aktion erlebt, verwundert es einem nicht mehr, warum soviele das Zeitliche segnen. Die hellsten sind diese Kerlchen nicht gerade. Statt vor den herannahenden Autos zu flüchten, bleiben sie stehen und stellen sich dem übermächtigen Gegner. Sozusagen die Spartaner unter den Reptilien. Das einzige was diese Reifenkrieger jedoch entgegen zu bringen haben, ist ihre namensgebende Zunge, die einem mit weit aufgerissenem Maul entgegengestreckt wird.

Sehr effektiv wie ihr euch vorstellen könnt! Wir wollten zumindest diesem Exemplar die herannahende Niederlage in Form eines LKWs ersparen und haben versucht es mit einem Stock von der Straße zu scheuchen. Doch wenn man es erst einmal mit Autos aufgenommen hat, dann schreckt man vor einem Stock erst recht nicht zurück. „Nimm das, du Stock!“ Blääääääh... Er bewegte sich kein Stück und krallte sich am Straßenbelag fest. Na gut, dann viel Glück! Der LKW nahte und wir gingen von der Straße. Der Bluetongue hielt seine Stellung als der Truck über ihn hinwegbretterte. Glücklicherweise hatte der ihn verfehlt und so stand er immer noch erhobenen Hauptes an Ort und Stelle. Der nächste nahte jedoch bereits und so entschieden wir uns diesmal für die etwas rabiatere Variante. Wir schoben ihn quasi mit dem Stock vor uns her bis zum Seitenstreifen. 

Dort machte er uns erneut klar, was er von dieser Aktion hielt, bevor er im Gestrüpp verschwand: Bläääääääh...! Gern geschehen, weiter ging die Fahrt. Am Lake Muir angekommen mussten wir enttäuscht feststellen, dass von dem versprochenen See und dessen Artenvielfalt momentan nicht viel zu sehen war. Ein paar kleine Tümpel in weiter Ferne, sowie zwei Kuhreiher die durch deren Schlamm wateten, war das einzige was es auf der Beobachtungsplattform zu sehen gab. Also zogen wir unbeobachteter Dinge wieder ab und beschlossen dem Highway nicht weiter zu folgen, sondern über die unbefestigten Strassen, den sogenannten "Gravel Roads", durch den Shannon Nationalpark nach Walpole zu fahren. Diese führten uns quer durch den Wald, vorbei an Farmen und Weidelandschaften. Nachdem wir bereits eine Weile gefahren sind, tauchte plötzlich ein gelb-schwarzes Schild mit der Aufschrift „Straße gesperrt“ auf. Eigentlich trennten uns nur noch zehn Kilometer von der nächsten Abzweigung, doch es half nichts, wir mussten umkehren. Warum man das nicht bereits zu Beginn der Straße mitteilen kann, ist uns trotzdem schleierhaft. Aber egal, wir legten uns eine Alternativroute zurecht, die uns anderweitig durch den Wald nach Walpole führen sollte. Auf der Karte waren Wasserfälle verzeichnet und so beschlossen wir einen Abstecher zu den „Fernhook Falls“ zu machen und auf dem dortigen Campspot die Nacht zu verbringen. Der Weg dorthin führte uns durch einen wahren Märchenwald. Der Boden war mit Moos und Farnen bedeckt, während unzählige, weiss blühende Clematis wie Teppiche von den abgestorbenen Ästen hingen. Das Licht der untergehenden Sonne schien zwischen den Baumstämmen hindurch und tauchte den Wald in eine warme, friedliche Atmosphäre. Einfach traumhaft schön! Kurz vor unserem Ziel angekommen, riss uns allerdings der Geruch eines riesigen, verendeten Wildschweins am Wegesrand, jäh aus der Märchenatmophäre. Wir haben bereits schon einiges über die angeblichen Riesenschweine Australiens gehört. Erzählungen zufolge sollen sie so groß sein, dass ihr Rist sich auf Höhe eines Autofensters befindet. 

So recht glauben konnten wir das nicht und auch dieses hier, das offensichtlich angefahren wurde, war zwar schon ein ganz schönes Kaliber, aber an das Autofenster reichte es noch lange nicht. Unsere Hoffnung auf eine Begegnung mit dem ultimativen Riesenschwein, wollten wir dennoch noch nicht ganz aufgeben. Wir waren ja schließlich schon im Märchenwald angekommen, also könnte  einem hier durchaus auch ein Fabelwesen über den Weg laufen. So hielten wir die restliche Strecke bis zum Campspot Ausschau nach dem vierbeinigen Koloss, der hoffentlich nicht vorhatte uns vors Auto zu laufen. Der Spot lag direkt an den Wasserfällen und so gingen wir nach dem Abendessen, mit unseren Taschenlampen bewaffnet, den kurzen Weg zum Wasser hinunter und inspizierten die Umgebung nach nachtaktivem Getier. Bis auf ein paar Fische im Wasser und das Quaken von Fröschen, die man eindeutig hören, jedoch nicht ausfindig machen konnte, gab es allerdings nichts zu entdecken. Kein Känguru, kein Possum und auch kein Riesenschwein, das womöglich gerade auf einer knallroten Luftmatratze hinter uns vorbeischwimmt. Am nächsten Morgen ging es weiter Richtung Küste. Wir machten Halt am Mount Frankland und unternahmen einen kleinen Bushwalk, der uns zuerst auf dessen Spitze und anschließend durch den Wald um den Fuße des Berges führte. Es war ein richtig angenehmer, friedlicher Ort, in dessen Büschen sich viele, kleine Vögelchen tummelten. Die mit Moos bedeckten Felsen ragten steil aus der Erde und sorgten trotz diverser Hilfsmittel, wie beispielsweise eine im Stein verankerte Leiter, für einen weiteren Aufstieg der "moderaten" Art.  Aber wir hatten ja mittlerweile Übung darin und so konnten wir bereits nach einer kurzen Verschnaufpause den Rundumblick auf die Umgebung genießen. 

Ein kleiner Trampelpfad führte uns über Stock und Stein durch den Wald zurück zum Parkplatz, wo wir an einem der zahlreichen Picknickplätze unser wohlverdientes Mittagessen verspeisten. Das war auch der Zeitpunkt, als wir die Ursache für das seltsam, metallische Geräusch der gestrigen Nacht fanden. Eine undefinierbare, braune Flüssigkeit tropfte aus dem Kühlschlank und verbreitete einen ziemlich unangenehmen Geruch. Der Übeltäter befand sich im Gefrierfach in Form einer Softdrinkdose, welche wir dort Tage zuvor zur schnellen Kühlung reingetan und vergessen hatten. PLONK! - pünktlich um Mitternacht hat es ihr den Deckel weggesprengt und das ganze Gefrierfach mit Blubberbrause besudelt. Zuerst noch kein Problem, da die letzten flüssigen Reste augenblicklich wieder erstarrten, doch dank den zunehmenden Außentemperaturen büßte der Kühlschrank bald seine Kraft ein und gab das süß-klebrige Geheimnis, Tröpfchen für Tröpfchen, frei. So war erst einmal Großputz angesagt, bevor wir am Mandaly Beach den ersten Blick auf das Meer genießen konnten. Tags darauf ging es, nach einem Abstecher zum Broke Inlet, in den Walpole-Nornalup Nationalpark, der für seine riesige Eukalyptusbaumart, dem sogenannten „Red-Tingle“, bekannt ist. Der dortige Wald beherbergt den ältesten, lebenden Eukalyptusbaum der Welt, in dessen Stamm ein ganzes Auto Platz findet. Wir waren zwar im Verlauf eines Wochenendtrips von Pemberton aus bereits dort gewesen, allerdings wollten wir unsere Freunde damals nicht mit ausgiebigen Fotoexkursionen quälen. Diesmal hatten wir Zeit, die Baumriesen auf uns wirken zu lassen und auch das ein oder andere Foto mehr zu schießen. In Walpole angekommen, deckten wir uns in dessen Touristeninformation mit dem nötigen Infomaterial für den nächsten Abschnitt unseres Roadtrips ein. Walpole an sich hatte nicht wirklich etwas zu bieten, also machten wir uns gleich auf die Weiterreise Richtung Denmark, zu einem Strandabschnitt namens „Greens Pool“. Viele Australier schwärmten uns bereits von diesem Strand vor und auch die Bilder, die wir bisher auf Postkarten und Prospekten gesehen haben, versprachen ein Paradies. Auf dem Weg dorthin besuchten wir noch eine kleine Farm, die mit Kostproben ihres selbstgebrauten Cidres sowie kandierten Nüssen lockte. Die Nüsse waren lecker und auch der Cidre schmeckte gut. Letzterer war sogar bezahlbar und so fuhren wir zu Jans Freude, mit einem Sixpack „Elephants-Rock-Cidre“ im Gepäck, wieder vom Hof. Für diejenigen die sich nun über den seltsamen Markennamen wundern sei erklärt, dass es unmittelbar neben dem Greens Pool eine Steinformation in Elefantenform gibt, die sogenannten „Elephant Rocks“. Nunja, ehrlich gesagt lässt sich das nur mit viel Phantasie erkennen und ist jetzt wirklich nicht so spektakulär, wie es überall angepriesen wurde. Auch der Besuch der Green Pools hat uns nicht gerade vom Hocker gehauen. Nicht das es nicht wunderschön anzusehen war, aber großartig anders wie die Strände die wir bisher gesehen hatten, war er jetzt auch nicht. 

Wir sind am nächsten Morgen nochmals hingegangen, nur um sicher zu gehen auch das „richtige Licht“ erwischt zu haben, doch ohne eine ordentliche Prise Photoshop, sind die prospektreifen Bilder wohl nicht umsetzbar. Weiter ging es über Denmark nach Albany. Wir entschieden uns für eine ruhige Landstraße abseits des Highways, die uns einen schönen Einblick in die Umgebung gewährte. Auch hier zierten bereits einige Wildblumen die Graslandschaft und so hielten wir bald alle 600 Meter an, weil wir eine neue entdeckten, die es zu fotografieren galt. Es gab allerdings noch einen weiteren Grund für unser mäßiges Vorrankommen:  Briefkästen! Nein, wir haben kein neues, verrücktes Hobby. ...oder vieleicht doch? Schon bei unserem damaligen Kurzurlaub hat uns die Kreativität der Australier, in Bezug auf die Zweckentfremdung diverser Gegenstände zu Briefkästen, fasziniert. Besonders auf dem Lande stößt man auf allerlei ungewöhliche, ausgefallene Dinge. Ein wahres Eldorado für Briefträger! Außgediente Mikrowellen, Waschmaschinen oder Kühlschränke, ob farbig verschönert oder einfach schlicht, wie Bosch sie schuf, sind häufiger anzutreffen und zählen daher schon eher als Standard für den Briefempfang. Es gibt aber auch unzählige Unikate am Wegesrand zu entdecken. Sei es nun Sponge Bob, eine Miniaturstadt, diverse Tierfiguren oder andere, ungewöhliche Gebrauchsgegenstände, wie Traktoren, liebevoll verzierte Milchkannen oder gar einem Blitzer. Ein echtes Einzelstück auf Staatskosten, mit separatem Schlitz für Zeitungen und Briefe - wie praktisch! Dann wären da noch die Briefkästen potentieller Selbstmörder zu erwähnen, die ihre Post in aufgesägten Pressluft- oder Gasflaschen entgegen nehmen. 

Hier stellen wir uns jedes Mal die Frage, wie sich das bewerkstelligen lässt, ohne dabei in die Luft zu fliegen. Wer weiss, vielleicht handelt es sich hierbei aber auch um ein symbolisches Gedenken an den ehemaligen Hobbybastler, der sein Werk leider nicht mehr vollenden konnte. Uns würde jedenfalls und das nicht erst seit Robs explosiver Müllverbrennung, zuletzt in den Sinn kommen, eine Gasflasche mit der Flex zu bearbeiten - "NO worries", sagt sich der Australier! Neben Postkästen und Wildblumen, gab es auch wieder einige Selbstbedienungsstände, an denen die Farmen ihre Waren anboten. Selbstverständlich hielten wir auch an diesen, denn teilweise findet man dort sehr exotische Dinge vor. So auch dieses Mal, in Form einer Bananen-Passionsfrucht. Von der hatte nicht einmal ich zuvor etwas gehört und so war klar, dass wir diese auf jeden Fall probieren mussten. Fazit: Sehr lecker und süßlich im Geschmack, wenn man nicht gerade eine unreife erwischt. Ein Foto der Frucht findet ihr in der Bildergalerie "On the way to Southaustralia".

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