Bye bye Bruce, hello Roadtrip...

Nun konnte es endlich losgehen! Bruce war herausgeputzt und unser Neuer mit allem ausgestattet was wir benötigten. Nun gut, fast! Ein Detail fehlte noch. Wir schlugen uns schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken herum, wie beziehungsweise wo wir unsere Schätze am besten unterbringen, um sie bei längeren Ausflügen sicher im Camper zu verstauen. Als Ex-Mietwagen besaß der Neue bereits einen kleinen Safe für Reisedokumente, doch dieser bot eben nur Platz für das Nötigste. Als wir in einem OP-Shop zufällig an einen größeren heranliefen, der mit 49$ auch noch ein wahres Schnäppchen war, ergriffen wir die Chance. Da wir nicht wussten ob die Laptops in den Safe und dieser überhaupt in den Camper passte, fragten wir die nette, alte Dame, ob wir das zunächst einmal ausprobieren düften. Die Laptops passten haargenau - nun galt es nur noch die Hürde mit dem Platz zu nehmen. Bald eine halbe Stunde haben wir herumgemurkst, gedreht und gewendet, um einen geeigneten Ort zu finden, wo dieses unhandliche Ding reinpasst und vor allem so, dass es A: diebstahlsicher war und man B: (ganz wichtig!) dessen Tür noch aufbekam.

Nach schweißtreibendem Umhertragen und einigen Skizzen hatten wir schlussendlich einen Weg gefunden, ihn sicher zu befestigen und es dem Dieb, der hoffentlich nicht kommen wird, so schwer wie möglich zu machen. Der würde Stunden dafür brauchen - Es sei denn natürlich, er klaut das ganze Auto, doch auch dafür hat sich der Bundesstaat Western Australia etwas nettes einfallen lassen. Jeder Fahrzeughalter ist hier verpflichtet, sein Auto mit einer speziellen Vorrichtung zu versehen. Das ganze nennt sich "Immobilizer" und verhindert, dass sich der Wagen ohne passenden Gegenschlüssel starten lässt. Ab und an ist das etwas mühselig, besonders dann wenn man es eilig hat, denn es gilt jedes mal einen Extraschlüssel kurz in ein separates Schloss zu stecken, bevor man den Motor starten kann. Ausser man besitzt so eine schnieke, kleine Fernbedienung, dann reicht ein kurzer Knopfdruck.

Wir haben selbstverständlich ersteres. Aber egal, ein Hindernis mehr das der potentielle Dieb überwinden muss. Natürlich schützt das nicht vor der Dummheit, den Schlüssel zusammen mit dem Immobiliser stecken zu lassen, aber wir wollen den Teufel ja nicht an die Wand malen. Auch wenn wir kleinlaut gestehen müssen, dass wir es auch schon fertig gebracht haben, mit dem Schlüssel in der Seitentür steckend, die Nacht zu verbringen. Grundsätzlich hält sich die Kriminalität hier aber eigentlich in Grenzen, solange man sich nicht gerade in Großstädten sowie an Orten mit hoher Aboririginesdichte aufhält. Traurig aber wahr! Nunja, wer von euch sich etwas mit der Geschichte der Australischen Ureinwohner beschäftigt hat, der weiss dass die "Australier" sich dieses Problem selbst geschaffen haben. Aber das ist eine andere, sehr lange Geschichte, von der sich jeder lieber selbst ein Bild machen sollte. Um auf die Kriminalität zurückzukommen, das einzige was wir vermehrt mitbekommen haben  und wovor auch auf allen Parkplätzen immer wieder gewarnt wird, ist das Einschlagen des Seitenfensters. Fix wird alles mitgenommen was sich in Reichweite befindet und ab die Post. Da beruhigt es einem doch ungemein, die Wertsachen sicher verstaut zu wissen. Dank Dans Hilfe hatten wir alles nötige zur Hand, um unsere kleine Schatzkammer bombenfest anzubringen. Nachdem auch das erledigt war, galt es am nächsten Tag Kohei einzusammeln und nach Perth aufzubrechen. Wir machten einen kurzen Zwischenstopp in Ballingup, einem netten, kleinen Städtchen, das wir bereits von einem unserer Wochenendausflüge kannten. Der Dorfkern bestand eigentlich nur aus einer knapp 500m langen Hauptstraße, an der sich zahlreiche kleine Läden befanden, die allerlei außergewöhnliche Dinge anboten. Neben der „Tinderbox“, einem Naturladen mit diversen Ölen, Gewürzen und anderen Heilmittelchen, war Ballingup vor allem für seine Antiquitäten-Shops bekannt. In ihnen konnte man sich auf eine Zeitreise durch das Jahrhundert begeben und viele, tolle Dinge vergangener Tage entdecken. Von einer Eierwaage an der sich die Handelsgröße bestimmen ließ, über einen riesigen Metalltaucherhelm, bis hin zu außergewöhnlichen Federhüten war alles zu finden.

Nachdem wir uns ausgiebig durch die Läden gestöbert hatten, ging es weiter Richtung Fremantle. Am späten Nachmittag trudelten wir in unserer alten "Heimat" ein und setzten Kohei an seinem Hostel ab. "Ist das die richtige Adresse?" Wir sind früher des öfteren an dem Gebäude vorbeigefahren und es erweckte wahrhaftig nicht den Eindruck als würde darin noch jemand wohnen. Der Putz bröckelte an allen Ecken, die Fenster waren mit Holzbrettern verbarrikadiert - es sah eher so aus, als würde man nur noch auf die Abrissbirne warten. Die schwere, alte Holztüre öffnete sich laut knarzend und ein Backpacker, der optisch dem Gebäude in nichts nahe stand, kam die Treppe herunter und zündete sich eine Zigarette an. Nein, wir waren richtig. Bereits beim betreten kam uns ein modriger Geruch entgegen und der Hosteleigentümer sprang nicht gerade freundlich mit dem armen Kohei um. Leider hatte er die erste Nacht im vorraus bezahlt und so gab es  kein zurück mehr. 

Um ihn etwas aufzumuntern, nahmen wir ihn anschließend noch auf einen kleinen Bummel durch die Innenstadt mit und ließen den Abend mit einem asiatischen Dinner ausklingen. Am nächsten Tag ließen wir Flugblätter ausdrucken und klapperten alle Hostels in Fremantle und Perth ab, um Bruce schnellstmöglich unter die Leute zu bringen. Die meisten meldeten sich allerdings durch unsere Werbung am Auto und die Anzeige im Internet. Nach zwei Wochen Ausharren und erfolgloser Verkaufsgespräche, reduzierten wir den ausgeschriebenen Preis um Tausend Dollar. Kurz darauf meldete sich ein Interessent, der sich bereits eine Woche zuvor mit uns in Verbindung gesetzt hatte, aber aufgrund seines Jobs bisher keine Zeit fand, sich das Auto anzuschauen. Da es sich um einen Einheimischen handelte, rechneten wir uns keine großen Chancen aus. Er lief einmal um Bruce herum, warf einen kurzen Blick ins Innere und fragte, was unser letzter Preis wäre. Wir gingen nicht darauf ein, sondern stellten ihm die Gegenfrage, was es ihm denn wert sei und waren ganz schön verdutzt, als er uns einen Preis nannte, der eigentlich $500 über dem neu angesetzten lag. Er hatte wohl nicht mitbekommen, dass wir den Preis herunter gesetzt hatten und das riesige Schild an der Heckscheibe übersehen, an dem wir mit fettem Rotstift die Reduktion angeschrieben hatten. Wir blickten uns kurz an. Was sollten wir nun tun - ihn darauf hinweisen? Wir entschieden uns für das Pokerface, versuchten so lässig wie möglich zu wirken, überlegten kurz imaginär und nahmen per Handschlag das Angebot an. Zugegeben, es war schon eine kleine Arschaktion, aber wir waren froh über jeden Cent mehr in der Reisekasse und wenn ihm das Auto soviel wert war, warum nicht!? Als nächstes entsorgten wir ganz unauffällig den Aushang in der Heckscheibe und löschten vorsichtshalber noch schnell das Angebot aus dem Internet. Irgendwie war das ganze Verkaufsgespräch an sich schon seltsam...

Er wollte weder eine Testfahrt machen, noch den Motor anschauen oder einen Blick in die Reparaturmappe werfen. Ich meine, wir hatten alles nötige reparieren lassen, so war es nicht, aber trotzdem waren wir verblüfft über soviel Gottvertrauen. Ganz überzeugt von seiner Kaufabsicht waren wir  deshalb nicht und wollten das Ganze erst glauben, wenn wir das Geld in den Händen hielten, denn da bereits alle Banken geschlossen hatten, schlug er vor sich mit uns für den nächsten Tag erneut zu verabreden. Wir waren uns sicher, dass wir ihn nie wieder sehen würden, doch entgegen unserer Erwartungen tauchte er am vereinbarten Treffpunkt auf, erledigte alle Formalitäten mit uns und wir übergaben ihm die Schlüssel. Wir konnten es nicht fassen, wir waren Bruce tatsächlich los! Bezüglich der verschwiegenen Preisreduktion hatten wir ja schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen, aber sagen wir mal so, es war eine Situation á la: "Wir waren (nicht mehr so) jung und brauchten das Geld!"

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